Foto: Antje Rössner

   Die Geschichte der Klus / Das Klusbuch

Abschrift vom handgeschriebenen Text von Franz Aue (aus den ~ 30 Jahren.)

RM 05.04.2023

Download
Die Geschichte der Klus / Das Klusbuch (in sütterlin Schrift)
Klus Geschichte Handschriftliche Aufzeic
Adobe Acrobat Dokument 18.9 MB

übersetzt von W. Tiemeyer / Th. Epp

…. = nicht identifizierte Textpassagen

 

1) Beschreibung und Geschichte der Klus

 

Die Klus ist ein sehr altes Bauwerk. Die genaue Zeit ihrer Errichtung ist nicht überliefert.

Man hält sie für älter als die Kirche und setzt das Baujahr etwa um 1300 an. Auch den Erbauer kennt man nicht. Eine noch um 1850 Jahre umlaufende Sage erzählt, dass sie der Stiftung eines wohlhabenden Mannes zu Ehren der Gottesmutter sei. Er hatte ihr gelobt, eine Kapelle zu errichten, wenn sie seinem erblindeten Sohn sein Augenlicht wieder verschaffe. Als der Sohn wieder gesund wurde, erfüllte der Mann sein Gelöbnis. Wahrscheinlicher ist, dass die Klus von dem St Godehardikloster erbaut worden ist, denn dieses Kloster hatte in Einum zwei Meierhöfe und die Klus stand auf ehemaligem Klosterland.

 

Die Lage der Klus war früher nicht so abseits wie heute. An ihr vorüber führte der Weg nach Hildesheim (Der Helweg), der an der Nordseite entlang des Dorfes von Bettmar kam. An der Klus zweigte auch der Weg nordwestlich nach Bavenstedt ab. Der Hildesheimer Weg wurde 1846 als Fahrweg verboten, aber bis 1875 benutzten ihn die Fußgänger noch aus alter Gewohnheit.

 

Die Klus war in Natursteinen als kleiner Rundbau errichtet. Die lichte Breite betrug 3,15 Meter, die Höhe bis zur Dachtraufe 2,5 Meter. Die Höhe der geschwungenen Säule betrug 2,40 Meter, als Gesamthöhe fast 5 Meter. Die zur Straße zugewandte Südseite war offen und nur durch ein einfaches Gitter gesperrt. Beiderseits dieses Eingangs befand sich je ein kleines rundbogiges Fenster. Vor dem Eingang standen zwei Säulen, die ein kleines Vordach trugen, das sich in die hohe Wölbung des schiefergehaltenen Hallendaches einschob.


Im inneren bedeckten Sandsteinplatten den Boden. Die Wände waren weiß getüncht. Ursprünglich hing hier ein Vesperbild die Muttergottes darstellend. Nach meiner Erinnerung war ihr Bild, wenn auch beschädigt, 1870 noch vorhanden. Man fand damals eine altertümliche Aufmauerung vor, mit einer altarähnlich geschnitzten Bank, davor zwei schön geschnitzte Lichtträger. Die Sachen sind entfernt worden und dafür der Südaltar aus der Kirche gesetzt. Um 1900 war dieser stark ramponiert und in den 20er Jahren ganz zerstört.

 

Die Klus war von jeher mit Lindenbäumen umgeben. Östlich neben ihr befand sich eine Quelle. Die Vorüberziehenden tränkten dort ihre Tiere. Dazu war ein Krug, anfangs aus Holz, später aus Stein aufgestellt. Neben ihm stand die eiserne Bornsäule (Brunnensäule). An dieser, an langer Kette, ein Eimer zum Schöpfen befestigt. An diesem schattigen Rastplatz verweilten gern Wanderer und Frachter. Doch auch im Dorfe stand das Wasser des Klusbrunnens in hohem Werte. Man schrieb dem Wasser Heilkraft zu und tränkte dort besonders das Vieh, das nicht ordentlich war, man vertraute auf die Hilfe der Gottesmutter, unter deren Schutz Klus und Quelle stand.

 

Pastor Theodor Müllmann (1676 – 1690) berichtete, dass die Klus im 30-jährigen Krieg zerstört war. Er ließ sie 1688 renovieren, das heißt, er ließ das Mauerwerk ausbessern und ein Dach darüber setzen. Er versah die Klus mit einem Opferstock. Mit dem gespendeten Geld wurde besonders die Unterhaltung der Klus bestritten. Das Dach der Klus wurde 1787 erneuert. Nach 1900 war es wieder sehr undicht. Da das alte Eisengitter entzwei war, wurde der Eingang durch eine große Holztür mit Guckloch verschlossen. Die Einrichtungsgegenstände verfielen dem Zerfall. Die Klus verwahrloste.

 

Nur einmal im Jahr wurde sie am Fronleichnamstage als vierte Station bei der Prozession herausgeputzt. Nach 1920 ging auf ihr nichts mehr. Im Jahre 1934 wurde die zerfallene Klus zu einer Gedächtnisstütze für die im Weltkriege Gefallenen bestimmt. Das führte zu ihrer Erneuerung mit Verlegung des Einganges nach Osten.
Seitdem stellt auch die Realgemeinde ihr nahgelegenes Gelände zur Verfügung, das gärtnerisch ausgestattete, dem Ganzen ein würdiges Bild verleiht. 

 

2) Rechtliche Verhältnisse der Klus.

Die Klus selbst ist stets in unbestrittenem Eigentum der Kirche gewesen. Sie wurde auch von ihr im Bau und Besserung gehalten.


Der Platz dagegen, auf dem sie steht, ist mit den Lindenbäumen im Eigentum der Realgemeinde. Ihr gehört auch das vorliegende Terrain, auf dem der Zugang zur Klus verläuft. Die Realgemeinde verpachtete früher das Gras und köpfte die Linden. Dieser Missstand soll hierbei geführt sein, dass die Kirchenverwaltung bei der Verkopplung ihre Rechte nicht angemeldet haben.


im Jahr 1831 hat der Landratsmeister Friederich Blum, als Besitzer des heutigen Hofes Nr. 2 der Kirche und Kirchengemeinde das Eigentumsrecht an der Klus bestritten und behauptet, die Klus sei sein Eigentum, weil sie auf seinem Grund und Boden stehe. Er verweigerte daher die Herausgabe des Klusschlüssels, der bei ihm aufbewahrt lag. Der hieraus entstandene Streit wurde durch einen Vergleich mit der königlichen Gemeinderats- Commission beendet. Der Schlüssel blieb von der Zeit an bei der Kirche.

 

Über die Linden, neben der Klus, entstand im Jahre 1868 ein Streit zwischen der Gemeinde und der Kirche. Beide beanspruchten ihr Eigentumsrecht. Das bischöfliche Vikariat schreibt zu den Streitereien, es sei unzweifelhaft, dass die Bäume von dem verstorbenen Landratsmeister Blum oder dessen Vater gepflanzt und genutzt worden sein. Bei der Regulierung des Blumschen Nachlasses aber sei das Eigentumsrecht an der Klus mit allem Zubehör der Kirche von Einum zuerkannt worden. Somit seien die Bäume wohl Eigentum der Kirche. Da sie aber nicht nur der Kapelle zum Schutz, sondern auch der Gegend zur Zierde dienten, sei an der Erhaltung der Bäume die bürgerliche Gemeinde in gleicher Weise interessiert.

 

Die Gemeinde aber bestand auf dem Eigentumsrecht, was ihr auch durch den Generalvikar Jakobi, dem späteren Bischof Wilhelm Sonnenwerk streitlos zuerkannt wurde. 

 
Im Jahre 1883 ließ die Gemeinde den Grasweg bei der Klus durch einen Beamten des Klosteramtes nachmessen. Es stellte sich heraus, dass seit der Verkoppelung mehr als ein Drittel von dem angrenzenden ehemaligen Provinzialgutes abgepflügt worden war. Nun wurden Grenzsteine gesetzt, die angeblich bei der Verkopplung eigentümlicher Weise vergessen sein sollten!

 

 

3) Das Klusbuch

Es ist wohl das älteste Schriftstück, dass im Dorf aufbewahrt wird. Ein unscheinbares, in glatte Schweinsleder gebundenes Buch; etwa 17 cm hoch, 10 cm breit und 3 cm dick. Von den vielen Blättern sind nur wenige beschrieben. Die Eintragungen sind in drei Gruppen vorgenommen worden. Vorn beginnend, weiter etwa in der Mitte und schließlich auf den letzten Seiten.


Auf dem Ledereinband steht als Titel:

Liber contines Nomina Benefactorum ET FRA TU Confraternitatis B Mariere semper virginis in Einem. Sub Pastore iacobs wagnitz, Marchiaco


Buch Einem die Namen der Wohltäter und Mitglieder der Bruderschaft der hlg. Jungfrau Maria in Einum. Unter dem Pastor Jakob Wagnitz.

Auf der ersten Seite der Bruderschaft „Pastor Petrus Wallender geb.1669 die Glocken zu Einemb gießen lassen“.
Die nächste Seite: Das eine Bild hat zu der Ehre Gottes darin gegeben Christoffel Meyer. Die anderen beiden H. Windracke.
Das eiserne Gitterwerk hat K. Bartholdus Windracke, Procurator. (Windracke war um 1700 ein Hildesheimer Maler.) Erhielt vom Firstbischof Jobst Edm. von Brabeck, 1688 - 1702, den Auftrag, eine Sammlung der Ahnentafeln des Hillesheimer Domkapitals als Wappenbuch anzulegen. Das Prachtwerk blieb unvollendet.


Die Stammbäume der Domherren von 1632 – 1710 mit je 16 Ahnenwappen in farbiger Ausführung auf 210 Pergamentblättern befinden sich in der frühen königlichen Bibliothek zu Hannover. Unter Firstbischof Josef Clemens, 1702 – 1723, war W. bei der Umformung des Dominneren Vormaler.

 

Auf der nächsten Seite des Klusbuches steht: Unserm Gott dem Herren und seiner ehrwürdigen Mutter zu Ehren die Clus ohne heiligen Gruß wieder vereint worden, ist das Offerterium darselbst von Anno 1688 bis 98 erwachsen auf 24 Zolar. Bei den weiteren Einnahmen heißt es meistens: „aus der Clus gehoben“, einige Beträge sind geopfert oder gegeben. Ausgaben sind z.B. „For dieses Buch, da die Rechnung 5 Gl“ u.s.w.  Es folgen Ausgaben für Bilderrahmen, Lichter, Eisenriegel. Für Trank, für den Klöckner für die  Genuß…, für Bedienung und Aufwartung der Clus, für Stöck und Stangen zu den Fahnen, pastori für die Ostermahlzeit , ... item 2 alteristis, für den Eimer und einer Kette und noch anderer Arbeiten an der Clus, für 2 Schlösser, für ein Stück Holz zu einer Bornsäule bei der Clus, für einen Nagel in der Bornsäule, und einen Bolzen wo der Eimer anfanget, für Berisan. und Branntwein vom Zimmermann, für das Vesperbild zu malen, nachher verbrennt, für einen Hangk an dem Eimer u.s.w.

 

In der Mitte des Buches ist die Verhandlung vom 27. Aug. 1676 über die Regelung rückständiger Bruderschaftszinsen unter Pastor Müllmann und den beiden alten Altaristen Heidenreich Kliemann und Hinrichen Ohmes sowie den neuen Altaristen Wilhelm Meyer und Cort Awen (Aue) protokolliert. Anno 1676, den 27.August, ist in Gegenwart der hlg. Pastoris Müllmann und alten und neuen Altaristen (folgen obiger …. Die von den Kriegsjahren her etwas Zinsen ist laufendes Jahr ausgeschlossen vermittelt werden. Debitoren sind:


1) Künneckes Erben verzinsen 60 Floren; (Floren = Florentiner = Gulden)
2) Coordt Auen (Aue) verzinst 50 Floren;
3) Hannes Hessen verzinst 40 flor;
4) Heinrich Warnecke 50 flor;
5) Tiele Wulffs 6 Florinen.


Und ist verabredet und fest beschlossen, dass altem Gebrauch nach, ins künftige unfassbar, die Kirche Zinsen und Bruderschaft Zinsen vom abgemeldeten Jahr an zu rechen gleichen Termin halten sollen, und soll von gedachter 30 jähriger fälliger Schuld jährlich eine halbe Zinsen bei die neue bis zur fälligen Gutschriftung gelegt werden.
Die Eintragungen über die Zinszahlungen enden 1774. Sie scheinen nachher mit der Kirchenrechnung verschmolzen zu sein.          

 

Alte Stiftsmessen

Auf den letzten Blättern des Klusbuches sind alte Stiftsmessen eingetragen. Die Aufzeichnung trägt kein Datum, ist aber der Handschrift nach gleich bei Auflegung des Buches vorgenommen worden.

„Missae 22 in Ecclessia Einemensis quotamis celebrandae a piis olim ibidem fundatae. In singulis quatuor temporibus una facit 4.

3 pro Bermarae Farne Meyer
4 pro  Defundis Wulffsstieg
1 pro  Johann von Einem
1 pro  Adobus Tilemann Gentemann
1 pro Johanne Arens
1 pro  R. D. Ludolpho Koppenstecher
2 pro  Richard Vetten
1 pro  Conrea Schirrmers u. Dietrich Schirrmers
1 pro  Anna Vetten
1 pro Henni Oileven
2 pro Johann Brandes summa benefactore Ecclesia

 

Im Ganzen gesehen ist der Klosterbrief für die Gläubigen unseres Dorfes eine wichtige Quelle. Mit seiner Hilfe können einige Familien über das Kirchenbuch hinaus bestätigt werden,
Wie es im Einzelnen noch manche interessante Aufschlüsse gibt.

                                (Abschrift des Klusbuches in Band II)

 

Die Klus als Ehrenmahl

Im Jahr 1934 wurde in manchen Kreisen der Gemeinde der Wunsch laut, für die Gefallenen des Weltkrieges ein Gedächnismal zu schaffen. Nach einigem planen wurde dafür die dem gänzlichen Verfall nahe Klus ausersehen. Die Mittel zur Errichtung dieser Gedächnisstätte wurden lediglich von privater Seite aufgebracht. Weder die Gemeinde noch die Kirchenkassen beteiligten sich daran. Die Kirche gab als Eigentümerin der Ruine lediglich ihre Zustimmung. Es stellte sich heraus, dass durch die lange Feuchtigkeit, auch das Mauerwerk erneuert werden musste. Auf dem alten Fundament wurde es mit dem alten Material genau in den Formen und Messungen wieder aufgebaut, nur wurde der Eingang zum Osten zugelegt. Statt der früheren Holzsäulen tragen nun Steinsäulen das Vordach. Auch die schieferbedeckte Gaube bekam die alte Form. Um die Kapelle etwas herauszuheben, versetzte man die nächste Umgebung um etwa 50 cm, also auch den Fußboden und entsprechend die Bänke.


Die Innenausstattungen wurden durch besondere Stiftungen beschafft. Das Gitterwerk für Tür und Fenster schenkte Frau Marheinecke – Hof 36. Die in Eichenholz geschnitzte Madonna und die Ausmahlung Franz Aue, die Holzarbeiten der Tischlermeister Gentemann, die Dacharbeiten der Dachdeckermeister Ludwig Hornburg. Zu den Erdarbeiten fanden sich jüngere Leute bereit, die Fuhren machten einige Höfe. Die Realgemeinde stellte den davorliegenden Garten gratis zur Verfügung. Er wurde vom Provinzialgut in einfacher Weise als Schmuckfläche ausgestaltet. Als Umfriedung wurde eine Ligusterhecke gepflanzt. Der Eingang erhielt ein niedriges Eisentor, der Graben davor eine feste Brücke. So bildete das alles zusammen ein ansprechendes und würdiges Bild.

Im Inneren der Klus sind beiderseits der altarähnlichen Lichter mit dem Madonnenbild Steintafeln angebracht, die zur Erinnerung an die im Weltkrieg gefallenen Einumer wachhalten sollten.

Die Tafeln tragen folgende Namen:

Landwirt                       Josef Bauermeister                   * 11.2.1892                   + im Sept. 1914
Schlossergeselle          Franz Müller                             * 3.12.1894                   + 17.Sept. 1914
Tischlermeister             Konrad Gentemann                   * 1.5.1884                    + 26. Sept.1914
Stallausmister              Josef Hollemann                       * 2.11.1879                   +   9. Nov. 1914
Bäckermeister             Wilhelm Hattenbauer                  *                                  + 13. Apr. 1915
Maurergesell                Josef Seidler                             *                                  + 31. Mai 1915
Arbeiter                        Franz Freise                             *                                  + 23. Jul 1915
Arbeiter                        Johannes Wolpers                    * 16. 7.1894                  +  7.Okt. 1915
Tischlergesell               Josef Weise                             * 24.11.1894                 +26. Okt.1915
Hofbesitzer                   Johannes Engelke                                                       + 24.Apr. 1916
Maurergesell                Heinrich Erbe                           * 25. 8.1884                  +  4.Jul. 1916
Student                        Theodor Marheineke                 * 12.11.1893                 + 20.Okt. 1916
Gespannführer             Karl Holze                                *                                  + 16.Mai 1917
Landarbeiter                 Johannes Sarstedt                   * 26.11.1885                 + 26.Dez.1917
Student                        Johannes Vornfett                    * 18. 1.1898                  + 24.März 1918
Tischlergesell               Theodor Gentemann                 * 20. 2.1897                  + 23.Mai 1918
Dachdeckergesell         Johannes Hornburg                  *14. 9.1899                   +  2.Sept. 1918
Arbeiter                        Josef Sarstedt                          *11.12.1893                  + 13.Okt.1918
Schmied                       Karl Hollemann                         * 1. 9.1876                   + 31.Okt. 1918
Arbeiter                        Josef Erbe                               * 22.11.1899                 + 8.Mai 1919
infolge Verwundung
Landwirt                       Bernhard Meyer                       *                                  + 11.Apr 1924
infolge Verwundung